Buch- und Ausflugstipp: „Marschlande“ von Jarka Kubsova
„Der gefährlichste Moment für eine Frau ist, wenn sie sich wehrt.“
Ein Ort, zwei Frauen – und dazwischen über 500 Jahre:
Abelke lebt im 16. Jahrhundert als Bäuerin auf ihrem Hof in den Marschlanden, einer rauen Gegend an der Elbe vor den Toren Hamburgs. Sturmfluten und Überschwemmungen gehören zum Alltag, ständig gibt es Arbeit, Vieh und Äcker wollen versorgt werden. Doch Abelke meistert ihr Leben mit Entschlossenheit – bis sie als selbstbewusste Frau bei einigen Männern des Dorfes zu sehr aneckt…
Britta hat ihren Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hamburger Universität aufgegeben um mit ihrem Mann Philipp und den Kindern in ein Einfamilienhaus in die ländlichen Marschlande zu ziehen. Im Gegensatz zu Philipp sind aber weder Britta noch die Kinder glücklich mit dieser Entscheidung – die Eingewöhnung in der neuen Umgebung fällt ihnen schwer, in der Ehe beginnt es zu kriseln. Als Britta durch Zufall auf den Namen Abelke Bleken stößt, setzt sie sich mit der Geschichte dieser Frau und mit der Vergangenheit ihres neuen Zuhauses auseinander – und die Geschichten von Britta und Abelke verschmelzen voller Parallelen miteinander.
Um es kurz zu machen: „Marschlande“ ist ein unglaublich gutes Buch. Es ist ein historischer Roman, der spannende Einblicke in das damalige Leben in und um Hamburg liefert – aber es ist auch eine kapitalismuskritische Gegenwartserzählung und eine überaus feministische Geschichte, die deutlich macht, wie erschreckend wenig sich an der Rolle der Frau in patriarchalen Gesellschaftsstrukturen eigentlich geändert hat.
Jarka Kubsovas Erzählstimme macht das Lesen zu einem Genuss, ihre Charaktere sind dreidimensional und greifbar. Ein Buch das lange nachhallt. Für mich ein Highlight des Jahres. Danke an das Team von Vorablesen.de für dieses Rezensionsexemplar.
Wenige Wochen nachdem ich die letzten Seiten von „Marschlande“ gelesen hatte, konnte ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, die Schauplätze des Buches einmal selbst zu besuchen. Mit dem 122er Bus kommt man schnell und bequem nach Ochsenwerder, bei der Fahrt geht es durch abenteuerliche Industriegebiete und durch Straßen von Hamburg, die ich noch nie gesehen hatte. Wenn man nach einer halben Stunde Fahrt an der Haltestelle „Beim Avenberg“ aussteigt, ist man auch schon gleich beim Abelke-Bleken-Ring – einer Straße, die nach der Hauptfigur in Jarka Kubsovas Buch benannt wurde und an die Hofbesitzerin erinnert, die hier im März 1583 wegen angeblicher Hexerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
Außerdem gibt es dort ein wunderschönes Naturschutzgebiet (die Reit), viele Kühe und Gänse, einen tollen Blick auf die Elbe, leckeren Kuchen im Landhaus Voigt, zahlreiche Reetdachhäuser und die liebreizendste Büchertauschbox, die ich je gesehen habe!
Danke an Jarka Kubsova für dieses Buch und damit auch für diese schöne Inspiration zu einem Ausflug, den ich sonst wohl nie gemacht hätte!
Der Abelke-Bleken-Ring in Ochsenwerder, benannt nach der Hauptfigur in „Marschlande“
Eines von vielen alten Reetdachhäusern in den Vier- und Marschlanden
Gar nicht so doof: Blick über die Dove-Elbe
Die liebreizendste Büchertauschbox der Welt steht in Ochsenwerder!
Eine von vielen Kühen
Naturschutzgebiet „Die Reit“
Hier gibt es noch einen schönen Beitrag vom NDR zu dem Buch und der Autorin.
Disclaimer:
Die Links in diesem Beitrag führen – wenn nicht anders vermerkt – zum Webshop meiner Lieblingsbuchhandlung Cohen & Dobernigg oder zu den Webseiten oder Social Media-Accounts der Autor*innen. Ich bekomme von niemandem Geld für diese Verlinkung. Ich verlinke sie einzig und allein, weil ich die dahinterstehenden Menschen und ihre Arbeit sehr schätze.